Forderungspapier zur Aktionswoche 2024

Forderungspapier zur Aktionswoche Schuldnerberatung 2024:

Buy now, Inkasso später
-Mit einem Klick in die Schuldenfalle-

Gestiegene Lebenshaltungskosten, insbesondere bei Energie und Wohnen, führen in vielen Haushalten zu einer angespannten finanziellen Lage. Im Jahr 2023 betrug die Überschuldungsquote der privaten Haushalte laut Schuldneratlas der Creditreform 8,15 Prozent.

Die Wege, wie sich Menschen verschulden, haben sich verändert. War früher der Besuch eines Kaufhauses ein geplantes Einkaufs-Event, wird nun vom Sofa aus bequem mit dem Tablet oder Handy geshoppt. Das Kaufen im Internet über die gängigen Bezahlungsdienstleister ist für Viele zur Normalität geworden und wird von den Anbietern aggressiv als Lifestyle-Produkt vermarktet. Beträge können bequem in 30 Tagen oder per kleiner Rate gezahlt werden. Wenn das Geld knapp ist, ist das für viele Menschen eine Möglichkeit Konsumgüter zu kaufen. Wird diese Möglichkeit häufig genutzt, ist es leicht, den Überblick zu verlieren. Jeder Ratenkauf wird separat eingezogen, es ist nahezu unmöglich, eine Aufstellung über alle bei einem Anbieter abgeschlossenen Zahlungsvereinbarungen zu bekommen. Direktzahlmöglichkeiten fehlen oft.

In den Beratungsstellen tauchen so Ratsuchende mit unzähligen Ratenzahlungen und Forderungen der Dienstleister auf, der Überblick ist verloren gegangen, die Bank bucht nicht mehr ab. Informationen über Forderungen sind schwer zu bekommen, die Kommunikation funktioniert oft nur über eine App. Gibt der Zahldienstleister seine Forderung zum Forderungseinzug an ein Inkassounternehmen ab, ist dies mit zusätzlichen hohen Kosten verbunden.

„Buy now-Inkasso später“ wird so zur Realität.

Befindet sich ein Haushalt in einer Überschuldungssituation, geht dies mit der Destabilisierung der Betroffenen in ihren wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Bezügen einher. Ein dauerhaftes Verbleiben in einer solchen Krise hat neben den persönlichen Folgen auch Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft. Überschuldete Menschen nehmen nur sehr eingeschränkt am Wirtschaftskreislauf teil.

Soziale Schuldnerberatung wirkt effektiv den unmittelbaren und mittelbaren Problemen privater Überschuldung entgegen. Dennoch finden nur wenige Menschen in finanziellen Notlagen den Weg in die Schuldner- und Insolvenzberatung. Dies liegt vornehmlich daran, dass nach wie vor kein bedarfsgerechtes Beratungsangebot vorliegt. Ferner nimmt die Schuldner- und Insolvenzberatung eine wichtige Monitorfunktion bei der Beobachtung von Überschuldungstrends wahr. Die Fälle in der Beratung werden anspruchsvoller, umfangreicher und komplexer.

Die AG SBV fordert daher:
Transparenz bei „Buy Now, Pay Later“ Angeboten

Buy Now, Pay Later (BNPL) ist ein beliebtes Finanzierungsmodell, bei dem Käufer*innen etwas sofort kaufen, aber die Zahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt leisten müssen. Mit den vielen verschiedenen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter verschwimmen für die Käuferinnen und Käufer jedoch die Grenzen zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung. Die Zahlung läuft dann häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf ein Kredit abgeschlossen wird. Dies wird so jedoch im Kaufprozess nicht klar kommuniziert und auch Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren sind häufig nicht gegeben. Hinweise, die direkt vor dem Bezahlprozess erfolgen sowie Transparenz bei den Zinsen und Kosten, die nicht erst irgendwo versteckt im „Kleingedruckten“ auftauchen, sind hier dringend erforderlich.

Finanzielle Allgemeinbildung von klein auf
In einer auf Konsum ausgerichteten Welt muss der Umgang mit Geld, Handy und Internet gelernt werden. Dafür braucht es die erforderliche Medien- und Finanzkompetenz. Geeignete Angebote zum Erwerb von Finanzkompetenz sind hier erforderlich, die unabhängig von Anbietern und objektiv das nötige Wissen vermitteln.

Wünschenswert wäre eine dauerhaft institutionell geförderte primäre Präventionsarbeit, die von Schuldnerberatungsstellen in Trägerschaft der Verbände geleistet wird.

Gesetzlicher Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung

Menschen geraten zumeist unverschuldet in finanzielle Notsituationen und benötigen professionelle sowie niedrigschwellig verfügbare Angebote. Dafür ist eine bundesweit verlässliche, d.h. auch finanziell abgesicherte Beratungslandschaft der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen notwendig. Ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf kostenlose Schuldner- und Insolvenzberatung ermöglicht nicht nur jeder Person in finanzieller Not einen garantierten Zugang zu Hilfe, sondern sichert auch den
hierfür notwendigen Ausbau eines flächendeckenden Beratungsangebotes. Außerdem steht dies im Einklang mit den Vorgaben der EU, nach denen Verbraucher*innen vor sinnloser Kreditaufnahme geschützt werden sollen und eine Kontaktaufnahme zur Schuldner- und Insolvenzberatung frühzeitig ermöglicht werden soll. Die im November 2023 verabschiedete Verbraucherkreditrichtlinie kann hier ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Zukunftsweisender Ausbau von sozialer Schuldnerberatung

Wirtschaftlich erwünschte Verschuldung kann unverhofft jederzeit durch ungeplante Ereignisse in die Überschuldung führen. Überschuldete Personen fallen nicht nur als Konsument*innen aus, ihnen droht schlimmstenfalls ein Verlust ihrer Existenz in Form von Wohnung, Arbeit und Familie. Um diese Menschen wieder für den wirtschaftlichen Kreislauf zurückzugewinnen und so eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, braucht es einen Neustart nach erfolgreicher Schuldenregulierung.
Soziale Schuldnerberatung verfolgt einen ganzheitlichen Beratungsansatz und unterstützt Überschuldete bei ihrer wirtschaftlichen und psychosozialen Stabilisierung. Sie trägt so dazu bei, dass Verbraucher*innen wieder verantwortlich am Wirtschaftsleben teilhaben können. Um dies zu gewährleisten, braucht es eine flächendeckende, stabile Finanzierung von Schuldner- und Insolvenzberatung.