Fallbeispiel zum Forderungspapier

Fallbeispiel zum Forderungspapier zur Aktionswoche Schuldnerberatung 2024:

Frau A. sucht in Begleitung ihres Vaters eine Schuldnerberatungsstelle der Diakonie auf. Sie ist 26 Jahre alt, alleinerziehend mit zwei kleinen Kindern und hat die begonnene Ausbildung nicht abschließen können. Sie kauft hauptsächlich im Internet und nutzt die gängigen Bezahlsysteme. Vor drei Jahren (vor der Geburt des zweiten Kindes) ist Frau A. schon einmal in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Sie hat damals Hilfe durch ihren Vater bekommen, der die Forderungen ausgeglichen hat. Einige Zeit kam Frau A. gut mit dem Geld aus, aber jetzt hat sie erneut den Überblick verloren. Sie berichtet davon, dass sie notwendige Dinge für die Kinder, wie Kleidung oder auch mal Geschenke, grundsätzlich im Internet kauft.

Für Frau A. ist es normal, dass man jetzt kauft und später bezahlt. Zu Beginn war das eine Erleichterung für sie. Als aber einige Abbuchungen hintereinander folgten,
war das Konto nicht ausreichend gedeckt. Sie ist dann Ratenzahlungen mit kleinen Beträgen eingegangen, hat aber weiter benötigte Dinge gekauft.

In der Beratung wird schnell klar, dass sie komplett den Überblick verloren hat. Die Ratenzahlungen sind mittlerweile im zweistelligen Bereich. Es sind ausstehende Abbuchungen bzw. Beträge offen, die nicht gebucht werden konnten. Die Kommunikation mit dem Gläubiger funktioniert nur in der App des Anbieters oder per Mail.

Frau A. zeigt die verschiedenen Apps, über die sie bei verschiedenen Finanzdienstleistern Käufe getätigt hat. Sie beschreibt, dass es bei vielen Anbietern sehr schwer ist, die Funktion „jetzt bezahlen“ zu finden. Fast immer wird ein „zahlen Sie bequem in vier Wochen“ als erste Option angeboten oder eben die Erledigung der Forderung in bequemen kleinen Raten.

Der Versuch eine Übersicht über die offenen Beträge zu erstellen ist auch mit Unterstützung erfahrener Schuldnerberater*innen nicht einfach. Frau A. führt jetzt ein Haushaltsbuch und kauft, wenn das Geld zur Verfügung steht.

Besonders Internetaffine Menschen, die fast ausschließlich im Internet kaufen und Bezahlsysteme nutzen, müssen bei einem eingeschränkten finanziellen Spielraum, einen guten Überblick behalten, wenn sie nicht in eine Überschuldungssituation geraten wollen. Aber auch für die Beratungskräfte ist diese „neue“ Art Gläubiger*in eine Herausforderung in der täglichen Arbeit. Die Kommunikation ist schwierig, oft befinden sich Firmensitze im Ausland, Auskünfte werden auch mit Vollmacht nicht erteilt (es ist ein Kundenkonto notwendig). Die Kommunikation beginnt oft erst, wenn ein Inkassodienstleister eingeschaltet ist, was mit hohen Kosten bei oft geringen Hauptforderungen verbunden ist.